Spielfeld Leben
Informationen zu Büchern und Seminaren von Bruno Martin
Gurdjieffs Methoden und Techniken
Zusammenfassend können die Methoden und Techniken, die Gurdjieff entwickelt hat, und auch die, die John G. Bennett darauf aufbauend hinzugefügt hat, unter folgenden Kategorien eingeordnet werden:
- Selbststudium
- Selbstbeobachtung
- „Selbsterinnerung“
- „Arbeit an sich selbst“ – an Schwächen und Stärken arbeiten
- Vorstellungsübungen
- Aufmerksamkeitsübungen
- Wahrnehmungs- und Bewusstseinstraining
- Sinneswahrnehmungen und Körperwahrnehmung trainieren
- Willensübungen
- Praktische und körperliche Arbeit zusammen mit Selbstwahrnehmungsübungen und Training der Zusammenarbeitsfähigkeit
- Ausdauertraining
- Bewegungsübungen – „Movements“ und andere Übungen in Bewegung
- Sitzübungen – aktive Übungen, innere Arbeit mit Energien und Aufmerksamkeit
- Sitzübungen – meditativer, kontemplativer, rezeptiver Art, Mantras und Sufi-Dhikr
- Chakra- und Gefühlsübungen
- Atemübungen
- Intellektuelle Übungen, z. B. mit dem Enneagramm
- Gehirn-Jogging (Sprachen lernen, Zahlenreihen mit Bewegungen üben u. v. m.)
Man kann sagen, „ein volles Programm“. Die Verknüpfungen der Techniken und Methoden soll ja zu einer „harmonischen Entwicklung“ führen und nicht einseitig irgendeinen Teil des Menschen zu Lasten eines anderen Teils stärken.
Damit jede Übung ihre Qualität entfalten kann, musst du dich bewusst zu dieser Übung entscheiden. Wenn du die Erfahrung in dir verarbeitest und dir bewusst zu eigen machst, dann bringst du etwas Neues hervor. Dieser Vorgang ist vergleichbar mit Nahrungsumwandlung. Genauso wie Lebensmittel vom Organismus zur Erhaltung des Körpers umgewandelt und in die Zellen übernommen werden, wird durch deine Absicht die Erfahrung in die Entwicklung des inneren Seins umgewandelt.
Genau das haben Gurdjieff und Bennett auch mit den Methoden und Lehren gemacht, die sie auf ihrer Suche gelernt und erfahren haben. Beide haben sie nicht einfach kopiert, sondern sie ergründet und durch eigene Erfahrung mit den Übungen in eine neue Form gegossen. Gurdjieff spezialisierte sich dabei mehr auf Bewegungsübungen wie die „Movements“ (siehe entsprechende Seite) statt auf Sitzübungen, während mein Mentor John G. Bennett beides für wichtig hielt.
Ebenso wichtig war es für Gurdjieff, eine neue spirituelle Vermittlungslinie zu erschaffen, die sich nicht an eine der bekannten Traditionslinien anknüpft. Er suchte nach etwas, das eine universale Qualität hatte und in unserer Zeit und für die Zukunft wirken kann, ohne Assoziationen mit Jahrhunderten alten, zum Teil auch festgefahrenen Glaubensformen und Ritualen. So wie ich es durch John G. Bennett verstanden habe, geht es um intelligente und kreative inhaltliche Arbeit und nicht um das Erhalten alter Formen.
Nachdem Bennett gestorben war, wurde es mir zu einem persönlichen Anliegen, diese neuen Formen in seinem Vorbild weiter zu ergründen, aber auch andere Wege und Methoden kennen zu lernen. So konnte ich ihren Wert und ihre Wirkung herausfinden, auch manches integrieren, das in den Rahmen dieser Methode passt, um das Gelernte so lebendig zu vermitteln, dass es für mich nicht zu einem „Glauben“ wurde, sondern sich aus eigener, langer Erfahrung immer wieder neu gestaltet.
Es ist nicht einfach, „zu lernen, wie man lernt“. Die Verantwortlichen für unser Schulsystem begreifen nun langsam, dass die Vermittlung von Lernstrategien statt bloßem Allgemeinwissen heute immer grundlegender wird. Jeder Mensch hat eine andere Strategie. Manche prägen sich Telefonnummer in Dreierreihen ein, andere in Zweierreihen, wiederum andere mit Bildern. Wichtig ist, dass die Übungen, die du durchführst, aus einem „lebendigen“ Feld stammen und durch deine Arbeit in dir selbst lebendig werden können.
Eine gute Voraussetzung für die Wirksamkeit von Übungen ist auch der Wunsch, etwas Neues zu lernen. Wenn ich eine Übung kennen lerne und denke, „das kenne ich schon“ oder „diese oder eine ähnliche Übung habe ich schon mal gemacht“ oder „ich weiß doch, wie ich mich am besten entspanne“, dann verschließe ich die Tür für eine neue Erfahrung. Deshalb betonte Bennett immer wieder: „Versuche zu lernen, alles so zu sehen, als ob es völlig neu sei und als ob es keiner Verbindung mit etwas hat, von dem du zuvor gehört hast.“ Tatsächlich ist alles immer wieder neu und anders, wir nehmen es nur selten wahr.
(Viele Übungen, die du selbst ausprobieren kannst, findest du in meinem aktuellen „Gurdjieff Praxisbuch“, siehe „Bücher“)
Seminare und Gruppen
Du kannst einige Übungen allein für dich üben, wenn du entsprechende Anleitungsbücher hast. Doch manches lässt sich „richtiger“ und intensiver lernen, wenn du dich einer Gruppe anschließt oder Seminare besuchst, die von erfahrenen Menschen geleitet werden. So können die “Movements” z.B. im Wesentlichen nur in Gruppen gelernt und durchgeführt werden, da sie dafür choreographiert wurden und sonst keinen Sinn machen (außer einigen Bewegungsabläufen). Aber auch viele alle andere Aspekte der Gurdjieff-Arbeit benötigen Einweisung zum besseren Verständnis.
Es werden heute Workshops, Treffen und Seminare von Leuten angeboten, die sich auf die Gurdjieff-Linie berufen. Ich kann hier keine Beurteilung ihrer Arbeit geben, weil ich sie zum größten Teil auch nicht persönlich kenne. Jede Sucherin, jeder Sucher sollte immer selbst prüfen, welche Art von Angebot ihr oder ihm am besten für sich selbst erscheint. Hierzu gab Bennett den Rat, dass jeder sich eine bestimmte Zeit setzt, um herauszufinden, ob die Gruppe passend ist, und falls sie nicht den Vorstellungen entspricht, diese dann wieder verlässt.
Selbstverständlich kannst du anfangs nicht beurteilen, was „richtig“ ist bzw. ob die Gruppe oder der Leiter/die Leiterin für dich akzeptabel ist. Das überlieferte Verhalten von Gurdjieff ist dafür kein Maßstab. Wenn jemand versucht, seine Verhaltensweisen (soweit sie berichtet wurden) zu imitieren, kannst du gleich wieder gehen… Ein Maßstab kann auch sein, wenn du feststellst, dass viel „Geheimnistuerei“ im Spiel ist (z. B. du wirst nur auf Empfehlung eines Gruppenmitglieds aufgenommen oder du bekommst verboten, mit Nicht-Mitgliedern über die Gruppe zu sprechen). Schaue auch, ob Hierarchien vorhanden sind (z. B. auch autoritäres Verhalten des Leiters oder der Leiterin), ob du genötigt wirst, bestimmte Dinge zu tun, mit denen du nicht einverstanden bist, ob du regelmäßige Beiträge bezahlen musst usw. Auch Gruppen, die hauptsächlich theoretische Themen vermitteln – die letztlich zur Verfestigung bestimmter Konzepte dienen oder sogar indoktrinieren -, würde ich schnell wieder verlassen…
Meine Erfahrung hat gezeigt, dass jede „esoterische“ Geheimnistuerei überflüssig ist, da sowieso nur die Menschen bei der Sache bleiben, die “Feuer gefangen haben” und gemerkt haben, dass ihnen diese Arbeit hilft, ihre eigene Entwicklung voranzubringen! Deshalb ist eines meiner Lieblingssätze auch “nicht die Asche anzubeten, sondern das Feuer weiterzugeben…”